Support Your Artist.
Unterstützung für Künstler in der Coronakrise
Die Coronakrise verlangt vielen einiges bis alles ab und zu diesen “vielen” gehört mit Sicherheit die Musik- und Kulturbranche.
Und hier entwickelt sich das Positive, das die Coronakrise momentan mit sich zu bringen scheint: Eine große Solidarität.
Es wachsen immer wieder neue Solidaritätsaktionen aus dem Boden der sozialen Netzwerk und viele Kunst- und Kulturschaffende entwickeln auch eine ganz neue Kreativität. Und scheinbar stoßen die Soli-Aktionen auch bei vielen Musikfans, Konzert- und Clubbesuchern auf fruchtbaren Boden. Nicht nur, dass Konzerttickets nicht zurückgegeben oder “Eintrittsgelder” für Online-Konzerte gezahlt werden, sondern auch diverse Zusatzangebote erobern die Netzwerke der Szene und werden anscheinend auch gut angenommen.
So fielen mir in den letzten Wochen einige spannende Aktionen auf – und bei der einen oder anderen habe ich auch gerne unterstützt, weil es mir ein Anliegen ist, dass die Kulturszene auch abseits der großen Hallen und des Mainstreams überlebt – aber natürlich auch weil es echt tolle Gegenleistungen dazu gab.
Ein Beispiel dafür liefert der Tourhafen, der unter anderem tolle T-Shirts unter dem Motto Be My Quarantine designt hat bzw. sie hat gestalten lassen. Und auch sonst noch einige tolle Souvenirs an die Coronakrise sind im Angebot. Schön daran ist, dass man nicht den Merch eines Clubs oder einer Band kauft und somit der Tourhafen auch nicht im gleichen Gewässer fischt wie die unterstützten Läden selbst. Bei der Bestellung jedes Artikels kann der Käufer dann wählen welchen Club oder welche Einrichtung er / sie supporten möchte. Bei der ersten Bestellcharge wurde der unterstützte Club dann sogar noch auf der Rückseite klein am Kragen aufgedruckt. Das war dann irgendwann aufgrund der bestellten Menge nicht mehr möglich. Das ist ein gutes Zeichen. Und auch angekündigte Lieferverzögerungen nahmen die Supporter in den sozialen Medien mit Ruhe, Gelassenheit und Humor.
Die zweite Aktion, die ich hier auführlicher vorstellen möchte kommt von meinem
Haus- und Hoflabel. Dem Grand Hotel Van Cleef in Hamburg. Einige meiner Lieblingskünstler sind Gründer des GHvC oder stehen in irgendeiner Form mit ihm in Verbindung. So sind die Diskographien von Kettcar, Tomte, Thees Uhlmann und Fortuna Ehrenfeld in meinem CD-Regal nahezu komplett. Und auch sonst stoße ich dort immer wieder auf Künstler, die meinen Musikgeschmack treffen wie Rob Lynch, Muff Potter, Marr oder Adam Angst. Das ließe sich jetzt noch nahezu beliebig erweitern.
Und jenes Grand Hotel hatte eine Idee, die man nach Thees Uhlmanns Bekunden wohl selbst zunächst für eine Schnapsidee gehalten. Eine stay-at-home-Tombola. Das Prinzip ist einfach erklärt: Man kann für 5 Euro je Los beliebig viele Gewinnscheine kaufen und das Geld kommt dann dem GHvC und seinen Künstlern zu Gute. Und ja es sollten Gewinnscheine sein, denn: Jedes Los sollte zumindest eine Kleinigkeit (Sticker, Postkarten, Schlüsselbänder, etc.) gewinnen. Die Verlosung der Hauptpreise wurde live im Netz übertragen und Reimer Bustorff zog über mehrere Stunden live die Lose aus einem randgefüllten Weinkühler aus der St. Pauli-Weinbar. Da war erkennbar, dass sich die Aktion für das Label wohl gelohnt hat und so konnte man zum Beispiel Maria Taylor unterstützen, die ihre Tour kurzfristig wegen Covid-19 absagen musste und auf den Flugkosten zum Teil wohl sitzen blieb beziehungsweise nutzlose Gutscheine erhielt.
Aber mindestens genauso gut wie die Idee der Tombola war die Idee der Facebookgruppe, die als Showroom und Tauschbörse genutzt werden sollte, da Liebhaberstücke auch Liebhaber finden sollten. Und Vinylisten sollten so die unnützen CDs abgeben können und die CD-Sammler (wie ich) konnten ihre Schallplatten gegen Compat Discs, Bücher, Sticker, Poster, Kunstdrucke oder sonst irgendwas tauschen. Und diese Gruppe ist seit Beginn des Gewinnversands ein sehr aktiv genutzter Umschlagplatz für Tonträger, Bücher, Poster, Merch und diverse besondere Sammlerstücke. Menschen zeigen Stolz ihrer Gewinne und teilten ihre Ungeduld über die fehlenden Lieferungen mit. Und vor allem hat man immer das Gefühl, dass sich jeder für den anderen ehrlich freut. In der ganzen Zeit habe ich bislang kein böses Wort in der Gruppe gelesen und es wurde alles getauscht oder zum Tausch angeboten was nicht niet- und nagelfest war. Und was mich und vermutlich auch die Erdenker der Aktion in der Hansestadt wirklich freut ist, dass eben nicht nur rein nach materiellem Wert getauscht wird. Da wechseln auch schon mal ein Packen Vinyls für eine CD oder eine signierte CD für ein paar Sticker den Besitzer. Und wenn sich nichts für einen Tausch findet, dann darf auch schon mal für einen guten Zweck gespendet werden. Im Sinne des Erfinders - denke ich. Und ein großer Spaß, der mich und viele andere für einige Tage durch die Coronazeit begleitet hat und sicher auch weiter noch wird. Und ganz nebenbei entdeckt man als Beobachter auch noch den einen oder anderen neuen Künstler. So sagten mir Messer, Zeki Min oder manch anderer Künstler in der Tauschbörse bislang nichts. Und ich stellte fest mal reinhören lohnt sich. Und manchen von ihnen habe ich mir jetzt auch ins CD-Regal getauscht. Sicherlich gibt es zum dem einen oder anderen
demnächst hier auch noch ein bisschen mehr zu lesen.
Vieles von dem was hier gerade passiert, sollten wir uns auch nach der Krise bewahren. Dann hätte diese Krise doch irgendwie einen Sinn gehabt. Und natürlich sollten wir nach der Krise dann alle wieder raus auf die Konzerte gehen. Nicht nur auf die großen Events in Mehrzweckhallen und Stadien, sondern und gerade auch zu den kleinen Konzerten in den kleinen Clubs der Stadt. Es lohnt sich und es hilft
den Künstlern und den Clubs.
Die beiden beschriebenen Ideen stehen quasi als Platzhalter für viele Soli-Aktionen auf die ich in den letzten Wochen gestoßen bin. Da gäbe es noch einen Vinyl-Sampler zur Unterstützung des Bla in Bonn oder Bandcamp, die an einzelnen Tagen auf die Gebühren verzichten und alle Einnahmen direkt an die Künstler weiterleiten. Und hier ließen sich sicherlich noch viele weitere Beispiele finden. Hier kann jeder selbst auch ein wenig recherchieren wie er oder sie “seinem/ihrem” Club, Label oder Lieblingskünstler helfen kann.
Es ist schön zu sehen, wie die Branche und ihre Fans versuchen sich am eigenen Schopf aus dem Coronasumpf zu ziehen und sich eine breite Solidarität entwickelt. Aber ich fürchte auch ganz ohne ein Konzept der Politik wird es trotzdem eng. Hoffen wir das Beste!
Bildquellen: Grand Hotel van Cleef, Tourhafen, Bla Bonn